eForum zeitGeschichte 1/2002
Zur Nachahmung empfohlen?
Eine Düsseldorfer Absolventeninitiative im Studienfach Geschichte

von Christoph Roolf



Dieser Beitrag behandelt Entwicklung und Anliegen einer Ende 1998 ins Leben gerufenen Initiative einer Gruppe von Geschichtsabsolventen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, an der der Autor von Beginn an beteiligt war.1 Nach einer Einführung, bei der das differenzierte Feld von Initiativen und Projekten an deutschen Universitäten zur Berufsqualifizierung und Einbindung von Geschichtsstudenten ins wissenschaftliche Fachgespräch skizziert ist, wird zunächst eine äußere "Bilanz" der Düsseldorfer Initiative geboten. Anschließend soll das Projekt etwas detaillierter geschildert werden, um hieran und abschließend Chancen und Grenzen dieses Modells einer Absolventeninitiative zur Beteiligung am wissenschaftlichen Fachgespräch - auch im Hinblick auf eine Übertragung und Nachahmung an anderen Universitäten und in anderen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen - zu diskutieren.
 

Einführung

Eine sich wandelnde Arbeitswelt, die Erweiterung der inneruniversitären und -wissenschaftlichen Kommunikation durch Internet und E-Mail, Einführung neuer Studiengänge und Bemühungen um Profilierung eines Berufsbildes außerhalb klassischer Tätigkeitsfelder (Schule, Universität, Museum, Archiv) haben in den letzten Jahren in der Geschichtswissenschaft in Deutschland (und allgemein in den von Marginalisierung bedrohten Geisteswissenschaften) eine Vielzahl kaum noch zu überschauender Initiativen hervorgebracht.

Größere Internet-Mailinglisten wie "Humanities - Sozialgeschichte und Kulturgeschichte (H-Soz-u-Kult)" (Humboldt-Universität Berlin) und der "Nachrichtendienst für Historiker" (Augsburg) sind mit ihrem reichhaltigen Angebot aus der Binnenkommunikation des Faches kaum noch zu wegzudenken und haben gerade auch Absolventen und Doktoranden einen Zugang zur innerfachlichen Diskussion eröffnet, der ihnen bei den traditionellen Foren (Zeitschriften) in der Regel versperrt blieb und ist.2

Hinzu kamen in den letzten Jahren Initiativen an einzelnen historischen Instituten im Rahmen von Veranstaltungsreihen und Drittmittelprogrammen sowie Absolventeninitiativen, die vor allem auf Berufsqualifizierung und -orientierung sowie auf eine Schärfung des Historiker-Berufsprofils für außeruniversitäre und außerschulische Berufsfelder abzielten.3 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit4 seien hier genannt: das Leuchtturm-Projekt "Berufswerkstatt Geschichte" an der Universität Bielefeld; das 1996 gegründete Projekt "Studium und Praxis" am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität Berlin;5 die Kolloquien "Berufsfelder der Sozial-, Wirtschafts- und Technikgeschichte" an der Ruhr-Universität Bochum (Lehrstuhl für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte) und "Berufswege: HistorikerInnen erzählen" am Historischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena, beide im Wintersemester 2001/2002; und die sich allgemein an Geistes- und Sozialwissenschaftler richtenden Studenteninitiativen des "Career Service Network" (Freie Universität Berlin) und von "Geist und Wirtschaft" (Universität Köln).6 In den Blickpunkt ist hierbei auch die vermehrte Tätigkeit von Historikern als freie historische Dienstleister, wie etwa die Vorreiter des Historischen Forschungsinstituts Facts & Files (Berlin),7 sowie die Gründung eigener Berufsverbände - etwa der seit 1998 tätige "Bundesverband freiberuflicher Kulturwissenschaftler" (Bonn)8 - gerückt.

Mit der Zielsetzung, Absolventen und Studierende in das Gespräch des Faches einzubeziehen, haben Institute, Fächer und Verbundinitiativen dazu Foren zur Präsentation und Publikation der Forschungs- und Arbeitsergebnisse von Absolventen und Studenten geschaffen. Diese Initiativen reagierten auf die seit längerem anhaltende Tendenz, daß Magister- und Examensarbeiten im Studienfach Geschichte zunehmend eigenständige Forschungsleistungen darstellen, für die Absolventen bereits zum Teil umfangreiche Recherchen in Archiven in der Umgebung der Universitäten bis zu Archiven des europäischen Auslands (häufig verknüpft mit einem Auslandssemester) durchführen - gleichwohl bleiben sie für eine breitere Leserschaft und für die Forschung mangels bibliographischer Verzeichnisse9 faktisch nicht existent und erreichbar.

Zu nennen sind an einzelnen Initiativen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen: Schriftenreihen einzelner Lehrstühle und Institute für herausragende Abschlussarbeiten, wie die "Münchner Studien zur neueren und neuesten Geschichte"10 und die "Schriftenreihe des Arbeitskreises Historische Frauenforschung an der Universität Bremen"; die Publikation ausgewählter historischer Abschlußarbeiten aus dem gesamten Bundesgebiet in gedruckter und digitaler Form im DFG-geförderten Pilotprojekt "magi-e" ("Abschluss- und MAGIsterarbeiten Elektronisch") am Historischen Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität München (in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsbibliothek München und einem institutionalisierten Herausgeber- und Beiratskollegium);11 Vorlesungsreihen und Kongresse wie die Absolventinnen-Ringvorlesung des "Arbeitskreises Historische Frauenforschung an der Universität Bremen" im Wintersemester 1999/2000, das Studierendenkolloquium "Rheinische Literatur" des Germanistischen Instituts der Düsseldorfer Universität und des Heinrich-Heine-Instituts Düsseldorf im Februar 2001 sowie die erste Studierendenkonferenz "Staatlichkeit im Wandel" (für Politikwissenschaftler in Nordrhein-Westfalen) am Institut für Politische Wissenschaft der RWTH Aachen im Juni 2001.

Vereinzelt sind Initiativen zur Einbeziehung von Absolventen und Studierenden ins Fachgespräch einzelner geistes- und sozialwissenschaftlicher Disziplinen auch ausschließlich von Studenten ausgegangen und institutionalisiert worden - etwa bei den "Münsteraner Vorlesungen zur Philosophie", bei denen Studenten die Texte eines eingeladenen Professors diskutieren, schriftliche Stellungnahmen verfassen und diese zusammen mit den Antworten des zur Diskussion stehenden Wissenschaftlers in einem Korrespondenzband veröffentlichen.12
 

Die Düsseldorfer Geschichtsabsolventen-Initiative 1998-2002

Aus der persönlichen Sicht des Autors als Beteiligten an der Düsseldorfer Absolventeninitiative im Studienfach Geschichte - sie läßt sich ebenfalls in den Bereich der sich um eine verstärkte Einbeziehung von Absolventen bemühenden Projekte einordnen - soll nun ihre Entwicklung etwas ausführlicher geschildert und diskutiert werden. Seit dem ersten Absolventenkongreß im Juni 1999 liest sich allein die äußere Bilanz als Ermunterung für ähnliche Initiativen in anderen Universitäten und Fächern - drei Kongresse, veranstaltet von einem sich nacheinander ablösenden Team von neun Absolventen, mit 45 Referenten und steigenden Besucherzahlen; zwei im Münchener ars una-Verlag13 erschienene Sammelbände mit insgesamt 26 Autoren; vier großzügig fördernde in- und externe Institutionen;14 rund 50 Kontakte ins In- und Ausland über unsere Internet-Homepage15 sowie Presseberichte und Buchrezensionen.

Hieran war zu Beginn der Initiative im Spätherbst 1998 bei weitem nicht zu denken gewesen. Der Autor arbeitete zu diesem Zeitpunkt an seiner Magisterarbeit (über die Deportation von belgischen Zwangsarbeitern nach Deutschland während des Ersten Weltkrieges) und hatte sechs Jahre Studium an einer deutschen Universität hinter sich, das vor allem die fortschreitende Entdeckung des Reichtums der Disziplin mit sich gebracht hatte. Gleichwohl war ständiger Begleiter der Studienzeit das Gefühl gewesen, insgesamt in einer "anonymen" Groß-Lehranstalt aneinander vorbeigelernt und -gelebt zu haben - ein Eindruck, der sich mit der Aussicht auf eine gegen Null tendierende Leserschaft der "Krönung" des Studiums (Abschlußarbeit) noch weiter verfestigte.

Bei dem privaten Besuch von Diplomausstellungen in den Fächern Fotografie und Kommunikationsdesign in Dortmund und Wuppertal im Winter 1998 kam dem Autor der Einfall, im Fach Geschichte in Düsseldorf einen Absolventenkongreß auf die Beine stellen zu wollen, bei dem wir als Absolventen unsere Werke "ausstellen", also vortragen würden. Die Idee erschien simpel, einleuchtend und praktikabel, auch wenn längeren Texten natürlich bildliche und sinnliche Qualitäten erst einmal abgehen. Nachdem zwei Studienfreunde in der gleichen Studiensituation (Lars Bank, Simone Rauthe) ebenfalls angetan von dem Vorhaben waren, ging seit Ende 1998 alles weitere fast wie von allein.

Erste Erfolgserlebnisse bestärkten uns in der Überzeugung vom Sinn des Anliegens: Die Düsseldorfer Universitätsbibliothek stellte ihren Vortragssaal ohne weitere Bedingungen (etwa Mentorenschaft durch Dozenten oder institutionelle Anbindung) für eineinhalb Tage im Juni 1999 zur Verfügung. Dann sagten die ersten Kommilitonen, die wir in Seminaren, Cafeteria und Bibliothek trafen und von denen wir wußten, daß sie ebenfalls mit ihren Abschlußarbeiten beschäftigt waren, ihre Teilnahme an dem geplanten Kongreß als Referenten zu. Einzelne Dozenten, die von der Aktion gehört oder denen wir davon berichtet hatten, nahmen die Idee ernst und begrüßten sie.

Eine "Qualitätskontrolle" der zugesagten Vorträge (etwa durch "call for papers" oder längere Auszüge aus den Abschlußarbeiten) wurde nicht vorgenommen - schließlich vertrauten auch wir als Veranstalter auf die Präsentabilität der Resultate unserer Abschlußarbeiten als Produkte des während des Geschichtsstudiums Gelernten. Hinzu wäre der hiermit verbundene Arbeits- und Zeitaufwand gekommen - eine Überlegung, die auch dazu geführt hatte, den Referentenkreis zunächst auf Themen des 20. Jahrhunderts zu beschränken. Überhaupt war der Aspekt einer effizienten Arbeits- und Zeitökonomie nicht zu unterschätzen, da schließlich jeder Referent und Veranstalter mit dem Abschluß seiner Magisterarbeit, mit Klausuren, mündlichen Prüfungen und dem Übergang in etwaige Berufsfelder genug beschäftigt war.

Dies führte dann auch zu der Überlegung, einzelne Bereiche der Kongreßvorbereitung von "Geschichtsfernen" bestreiten zu lassen, was dem Projekt dann vor allem in qualitativer Hinsicht zugute kommen sollte. Ein in Dortmund Fotografie studierender und HTML-erprobter Freund (David Krause) richtete uns die ersten Internetseiten ein, auf denen neben dem Programm Kurzzusammenfassungen der Vortragsthemen und Kontaktadressen zu den Referenten angeboten wurden. Die in Wuppertal Kommunikationsdesign studierende Schwester des Autors (Anni Roolf) gestaltete Plakate und Einladungen für die Kongreßpremiere und sollte auch in den folgenden Jahren für ein professionelles Buchlayout und Plakatdesign mit Wiedererkennungswert und Phantasie sorgen.

Auch der Kontakt zu den Kommilitonen, die ihre Teilnahme als Referenten zugesagt hatten, beschränkte sich in den Monaten vor dem ersten Kongreß im Juni 1999 auf wenige per E-Mail versandte Kurzinformationen über den Stand der Dinge, zur Anforderung der Themenzusammenfassungen für die Kongreß-Homepage und über den Ablauf der geplanten Veranstaltung. Nennenswerten Zeit- und Arbeitsaufwand bei der Kongreßvorbereitung verursachten dann lediglich Plakatierung, Einladungsversand und Konzepterstellung zur Einwerbung von Fördermitteln.

Der erste Absolventenkongreß am 17. und 18. Juni 1999 sah dann neun Vorträge von gut einer halben Stunde Länge mit anschließender Diskussion. Durchschnittlich 15 bis 20 Zuhörer verfolgten die einzelnen Referenten. Das Anliegen der Veranstalter, mit dem Kongreß sich und Kommilitonen (neben der Öffentlichmachung der Abschlußarbeiten) ein (Lern-)Forum zur freiwilligen, selbständigen und ernsthaften Erprobung von Mündlichkeit und Diskussion außerhalb der professoralen "Aufsicht" in Seminaren zu bieten, erfüllte sich voll und ganz: Während des Studiums selten ausdrücklich Gelerntes und Gelehrtes wie das Halten und die Gestaltung eines mündlichen Vortrages konnte hier im Selbstversuch und durch vergleichende Anschauung intensiv studiert werden. Die vorher im Rahmen flüchtiger Bekanntschaften aus Seminaren und Universitätsalltag verborgen liegenden Interessen von Kommilitonen am gemeinsamen Studienfach traten nun offen und zum Nachdenken anregend zu Tage. Ernsthafte und kritische Fragen und Antworten, zum Teil auch kontroverse Diskussionen im Anschluß an die einzelnen Vorträge, während des Studiums wegen Seminarüberfüllung, Zeitnot und "falsch" verstandener Kommilitonen-Rücksichtnahme selten eingeübt und in der Regel rasch versandend, bescherten den Referenten Rückmeldung und der Veranstaltung Leben.

Als in den folgenden Wochen einige Presseberichte erschienen und einzelne Referenten und Dozenten leise anregten, die Kongreßvorträge als Aufsätze in einem Sammelband zu veröffentlichen, schreckten wir zunächst zurück vor dieser nicht vorgesehenen Ausweitung des Projektes. Gleichwohl reizte uns diese Herausforderung, mit unserer Absicht, die Forschungsergebnisse unserer Abschlußarbeiten ins wissenschaftliche Fachgespräch einzubringen, nicht auf halber Strecke stehenzubleiben, sondern den uns zusehends logisch erscheinenden zweiten Schritt zu gehen. Nachdem die Verlagssuche zunächst erfolglos zu bleiben schien, hatten wir - in Umkehrung eines berühmten Lehrsatzes des deutschen Alltagsphilosophen Jürgen Wegmann - dann nicht nur kein Pech, sondern es kam Glück hinzu: Ein telefonisch absagender Verlag hatte unser Konzept unaufgefordert an den ars una-Verlag (Neuried bei München) weitergeschickt, von dem er in Aussicht stellte, daß dieser Interesse zeigen würde. Tatsächlich sind dann beide Kongreß-Sammelbände in dem Münchener Verlag erschienen.

In dem ersten Sammelband, der im Spätherbst 2000 erschien, veröffentlichten schließlich sieben Referentinnen und Referenten ihre Vorträge in einer schriftlich ausgearbeiteten Aufsatzfassung.16 Als Herausgeber führten wir dabei nach Eingang der Manuskripte eine doppelte Durchsicht durch und achteten dabei auf vor allem formale Kriterien (Textgliederung, einheitlicher Fußnotenapparat, Lesbarkeit, Stringenz der Argumentation). Zur Qualitätssicherung wurden alle Texte noch ein drittes Mal von insgesamt acht Kommilitonen und Freunden abschließend Korrektur gelesen.17 Auf eine Mithilfe von Dozenten bei der Manuskriptkorrektur und -beurteilung verzichteten wir wiederum im Vertrauen auf das während des Studiums Gelernte im Hinblick auf die kritische Analyse formaler, inhaltlicher und sprachlicher Aspekte wissenschaftlicher Texte.

Gleichwohl haben die Angehörigen des Düsseldorfer Historischen Seminars - nach anfänglichen Einzelstimmen für eine verstärkte Anbindung der Initiative an bestehende Universitätsinstitutionen (Historisches Seminar, Fachschaft Geschichte) - das gesamte Projekt dauerhaft mit Wohlwollen und Ernsthaftigkeit begleitet und wesentlich zu seinem Gelingen beigetragen. Hierzu zählten: Beratung in Einzelfragen (Prüfung des Verlagsvertrages, Herantreten an potentielle fördernde Institutionen), die Anfertigung von Gutachten im Zuge von Anträgen an fördernde Institutionen, rege Teilnahme am ersten und vor allem an den folgenden zwei Kongressen, Ankündigung der Kongresse in Lehrveranstaltungen, Mithilfe bei der Kontaktaufnahme zu einzelnen uns unbekannten Düsseldorfer Absolventen und potentiellen Referenten, Verfassen von Vorworten für beide Buchveröffentlichungen und das Beisteuern einleitender Grußworte bei den Kongreßveranstaltungen.

Für den zweiten Absolventenkongreß behielt das nachfolgende Veranstalter-Team (Thomas Beckers, Thomas Gerhards und der Autor) das bei der Premiere erprobte Grundkonzept bei. Allein der Teilnehmer- und Themenkreis wurde jetzt vom 20. Jahrhundert auf alle historische Epochen erweitert. Dazu moderierten Kommilitonen nun die Diskussionen im Anschluß an die Vorträge. Etwas mehr Zeit wurde schließlich noch in die Bekanntmachung des Kongresses außerhalb Düsseldorfs investiert (durch Ankündigungen in Tages- und Wochenzeitungen sowie Mailinglisten, Plakatierung durch Freunde und Bekannte an anderen deutschen Universitäten, Versand von E-Mail-Einladungen an Historische Seminare und Geschichts-Lehrstühle in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz mit der Bitte um Bekanntmachung in den dortigen Lehrveranstaltungen). Am 14. und 15. Juni 2000 referierten schließlich 21 Absolventinnen und Absolventen vor durchschnittlich 35 Zuhörern aus ihren Abschlußarbeiten. Im nachfolgend in Angriff genommenen zweiten Sammelband veröffentlichten schließlich 16 Absolventen ihre Aufsätze. Er erschien erneut bei ars una in München im Dezember 2001.18

Der dritte Absolventenkongreß, der von dem nun folgenden Veranstalterquartett (Frank Grodzki, Julia Jenner, Sandra Pfister, Oliver Schulz) vorbereitet wurde, fand dann am 21. und 22. November 2001 wiederum im Vortragssaal der Düsseldorfer Universitäts- und Landesbibliothek statt. Hier stellten 15 Absolventen ihre Abschlußarbeiten vor diesmal etwas zurückgegangenen Zuhörerzahlen (durchschnittlich 20 bis 25 Zuhörer) vor. Ein nachfolgender dritter Sammelband ist eventuell noch vorgesehen.
 

Fazit und Ausblick

Daß das Hauptanliegen der Initiative, den Abschlußarbeiten im Studienfach Geschichte eine größere Aufmerksamkeit innerhalb der Düsseldorfer Universität und darüber hinaus zu verschaffen, erreicht wurde, ist allein mit der Schilderung ihrer äußeren Entwicklung deutlich geworden. Dazu ermöglichte das Projekt, daß sich zahlreiche Menschen innerhalb der Institution Universität neu und anders kennengelernt haben und gemeinsam, selbständig und mit Gewinn Mündlichkeit, Fachdiskussion und Schriftlichkeit zum Studienabschluß erproben und üben konnten. Für die Veranstalter war das Projekt auch ein eigene Schwerpunkte setzendes und sehr abwechslungsreiches Praktikum in möglichen späteren Berufsfeldern.

Durch die Veröffentlichung von insgesamt 23 Vorträgen in schriftlicher Aufsatzform in den zwei Sammelbänden sind die hier erarbeiteten Forschungsergebnisse dauerhaft existent und können von der historischen Forschung rezipiert werden. Für diejenigen, die ihre Abschlußarbeiten noch zu Dissertationen ausbauen (dies sind hier mit 12 Absolventen rund die Hälfte), kann die Aufsatz-Veröffentlichung dazu noch Multiplikatorwirkung (etwa bei der erleichterten Kontaktaufnahme zu im selben Forschungsfeld arbeitenden Doktoranden usw.) als in der Regel erste Veröffentlichung besitzen.

Besonders im Umfeld des zweiten Absolventenkongresses im Juni 2000 erhielten Veranstalter und Referenten zahlreiche E-Mail-Anfragen über die Kongreß-Homepage im Internet: Insgesamt erreichten uns rund 50 solcher Anfragen von Studierenden, Absolventen, Doktoranden, Dozenten, Lehrern, Instituten, Bibliotheken und Verlagen aus Deutschland sowie vereinzelt auch aus Österreich, Polen, Italien, England und den USA, die in der Regel Kontakt zu einzelnen Referenten suchten. Sichtbarstes Resultat dieser Kontakte war die spontane Teilnahme von Torsten Reimer, des Koordinators des vorne erwähnten Münchener "magi-e"-Projektes zur parallelen Publikation von historischen Abschlußarbeiten in digitaler und gedruckter Form, als Referent bei dem Kongreß im Juni 2000 und als Autor im nachfolgenden zweiten Sammelband.19 Als erster Band der Münchener Publikationsreihe erschien im Herbst 2001 zudem die komplette Magisterarbeit von Thomas Beckers, einem der Düsseldorfer Kongreßveranstalter.20 Darüber hinaus überraschte und bestärkte uns die Vielzahl und Mannigfaltigkeit der über die Kongreß-Homepage an Referenten und Veranstalter gerichteten Anfragen und Anliegen, die jede einzelne den wissenschaftlichen Austausch befördert hat.

Gleichwohl ist eine Fortsetzung der Düsseldorfer Absolventen-Initiative im Fach Geschichte aufgrund ihrer eher lockeren Institutionalisierung und der praktizierten informellen Weitergabe des Veranstalter-Staffelstabes an nachfolgende Absolventen ungewiß. Ein Fortbestand wäre wahrscheinlicher durch eine stärkere Institutionalisierung, sprich die verstärkte Anbindung des Projektes an einen Lehrstuhl oder das gesamte Historische Seminar in Düsseldorf. Verbunden wäre damit wohl aber auch ein Verlust an Selbständigkeit, Selbsttätigkeit und Freiheit zur Schwerpunktsetzung durch Absolventen bei der Gestaltung eines solchen Projektes.

Wünschenswert und reizvoll (aufgrund der unterschiedlichen und dann in Austausch und Diskussion tretenden Forschungsschwerpunkte und Methodenprofile) erscheint darüber hinaus eine Erweiterung der Idee unserer Initiative über die Düsseldorfer Universität hinaus - etwa durch die Veranstaltung eines Absolventenkongresses, an dem Geschichtsabsolventen mehrerer benachbarter Universitäten oder sogar eines gesamten Bundeslandes teilnehmen. Allerdings dürfte hierbei eine hauptsächlich studentische "Regie" aufgrund des gesteigerten Zeit- und Arbeitsaufwandes kaum praktikabel und daher eine verstärkte Verankerung eines solchen Vorhabens an Lehrstühlen und Seminaren sehr sinnvoll sein.

Gleichwohl können wir nach den in Düsseldorf gesammelten überaus positiven Erfahrungen eine Nachahmung unserer Initiative an anderen Universitäten (und auch in anderen geistes- und sozialwissenschaftlichen Studienfächern) sehr empfehlen und sind gespannt darauf. 



 
 
1Für die kritische Lektüre des Manuskripts danke ich meinen Düsseldorfer Kommilitonen Lars Bank, Thomas Beckers, Anke Hoffstadt und Dr. Simone Rauthe sowie Jens Thiel (Berlin).
2Vgl. etwa Peter Helmberger/Rüdiger Hohls: H-Soz-u-Kult: Eine kritische Bilanz nach drei Jahren, in: Historical Social Research - Historische Sozialforschung 24, Heft 3 (1999), S. 7-35.
3Vgl. hierzu vor allem Gerdi Stewart: Geschichtswissenschaften. Studienreformansätze und Tätigkeitsfelder, in: Beiträge zur Hochschulforschung 1999, Heft 4, S. 257-277; Winfried Schulze: Neue Berufsfelder, neue Formen des Studiums im Fach Geschichte?, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 52 (2001), S. 4-12.
4Eine ausführliche Übersicht über einzelne Projekte an deutschen Universitäten findet sich auf der Internetseite des "Student und Arbeitsmarkt"-Projektes an der Ludwig-Maximilians-Universität München: <http://www.s-a.uni-muenchen.de/aehnlich/aehnlich.htm>.
5Hans Christof Wagner: Profs waren erst skeptisch. HU-Projekt bereitet auf den Berufseinstieg vor, in: Berliner Morgenpost, 15.9.2000.
6Siehe Max Rauner: Berufseinstieg - Ein Netz für Kopfarbeiter, in: Die ZEIT, 10.5.2001 (Hochschulseite); <http://www.zeit.de/2001/20/Hochschule/200120_c-careerberlin.html>; Armin Himmelrath: Geld durch Geist, in: Süddeutsche Zeitung, 16.1.2001, S. V2/16.
7Vgl. hierzu und zu weiteren Geschichtsagenturen und Historikerbüros in Deutschland Ulf Schönert: Geschichte gegen Stundenlohn. Jubiläumsschriften gefällig? Historiker bieten ihre Dienste an, in: Die ZEIT Nr. 15, 5.4.2001, S. XVI; -ron: "Geschichte darf keine Eintagsfliege sein". Das Karlsruher Historikerinnen-Büro Guttmann + Grau, in: Die Rheinpfalz, 5.2.2000; Jan Popp-Sewing: Funde im dunklen Keller: Wie sich zwei Historikerinnen selbständig machten, in: Rheinische Post, 17.11.2000 (Hochschulseite); -spi: Ware Geschichte, in: Die ZEIT, 15.4.1999, S. 84.
8Monika Wimmer: Es darf ein bißchen mehr sein ...: Freiberufliche Kulturwissenschaftler sind oft unterbezahlt. Ein neuer Berufsverband kämpft für ihre Interessen, in: Süddeutsche Zeitung, 13.4.2000, S. V3/27.
9Vereinzelt veröffentlichen einzelnen Zeitschriften in regelmäßigen Abständen Übersichten von angefertigten Magisterarbeiten - hier mit dem jeweiligen regionalen Bezug - wie das "Mitteilungsblatt des Hamburger Arbeitskreises für Regionalgeschichte" und die "Westfälischen Forschungen".
10Als Band 3 erschien in dieser Reihe etwa die bahnbrechende Abschlußarbeit von Dieter Pohl: Von der "Judenpolitik" zum Judenmord. Der Distrikt Lublin des Generalgouvernements 1939-1944, Frankfurt a. M. u.a. 1993.
11<http://www.magi-e.historicum.net/>; vgl. hierzu die erste Projektbescheibung von Torsten Reimer: Digitales Publizieren in den Geschichtswissenschaften: Das Modell magi-e, in: Beiträge zur Hochschulforschung 2000, Heft 4, S. 343-353.
12Zuletzt erschien als mittlerweile vierter Band Angela Kallhoff (Hg.): Martha Nussbaum. Ethics and Political Philosophy: Vortrag und Kolloquium in Münster 2000, Münster 2001. Siehe hierüber auch Barbara Gärtner: Philosophen zum Anfassen. Studenten reden, Professoren hören, in: Süddeutsche Zeitung, 24.7.2001; <http://www.sueddeutsche.de/index.php?url=/karriere/studium/17536&datei=index.php>.
13< http://www.ars-una.de/>
14Im einzelnen waren dies in alphabetischer Reihenfolge die "Anton-Betz-Stiftung der Rheinischen Post e.V.", die "Gesellschaft von Freunden und Förderern der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf e.V." (beide Düsseldorf), das Dekanat der Philosophischen Fakultät der Düsseldorfer Universität und die Techniker Krankenkasse (Düsseldorf).
15Siehe <http://www.geschichtsabsolventen.de> (hier auch eine Zusammenstellung bisher erschienener Presseberichte und Rezensionen) und <http://www-public.rz.uni-duesseldorf.de/gerharth>.
16Christoph Roolf/Simone Rauthe (Hg.): Projekte zur Geschichte des 20. Jahrhunderts. Deutschland und Europa in Düsseldorfer Magister- und Examensarbeiten, Neuried bei München 2000. Hinzu kamen zwei Vorworte des Düsseldorfer Neuhistorikers und damaligen Geschäftsführers des Historischen Seminars, Prof. Gerd Krumeich, und der Romanistin und Dekanin der Philosophischen Fakultät, Prof. Vittoria Borsò, sowie die Einleitung der Herausgeber.
17Faktisch wurde durch meine Schwester Anni Roolf während der abschließenden und umfangreichen feintypographischen Bearbeitung der Texte bis zur Druckreife noch eine vierte und fünfte Detailkorrektur in Absprache mit den Herausgebern vorgenommen.
18Thomas Beckers/Thomas Gerhards/Christoph Roolf (Hrsg.): "Zur Erkenntnis der die Gegenwart prägenden Faktoren der Vergangenheit ...". Projekte zur deutschen und europäischen Geschichte in Düsseldorfer Magister- und Examensarbeiten, Neuried bei München 2001. Hinzu kam ein Vorwort des Düsseldorfer Mediävisten und damaligen Geschäftsführers des Historischen Seminars, Prof. Johannes Laudage, und die Einleitung der Herausgeber. Layout und Typographie des Bandes besorgte erneut meine Schwester (Anni Roolf). Auch bei der Herausgabe dieses Bandes wurde die Vorgehensweise der Premiere übernommen.
19Torsten Reimer: Eine Art von "magi-e". Ein integriertes Publikationskonzept für Magister- und Examensarbeiten, in: Beckers/Gerhards/Roolf",Zur Erkenntnis ...", S. 13-24.
20Thomas Beckers: Abkehr von Preußen. Ludwig Dehio und die deutsche Geschichtswissenschaft nach 1945, Aichach 2001 (magi-e - forum historicum, Bd. 1).